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Schneewittchensarg und Beichtstuhl

Die lustigsten Namen der Radiogeschichte

Ob der Herr im Frack, Katzenkopf oder pfeifende Johanne – in über 100 Jahren Radiogeschichte findet sich eine Vielzahl an kuriosen Spitznamen für Radiogeräte. Während die meisten Bezeichnungen erst im Volksmund entstanden sind, gehen einige Namen auch auf die Hersteller selbst zurück, die nicht nur mit ausgefallenen Designs, sondern auch durch die ungewöhnliche Benennung ihrer Geräte im Gedächtnis bleiben wollten. Wir haben uns auf die Suche nach den lustigsten Radionamen begeben und hoffen, dass auch für Sie etwas zum Schmunzeln dabei ist.

Dass das Röhrenradio Seibt 326W aus dem Jahr 1935 allgemein unter dem Namen Beichtstuhl bekannt war, leuchtet sofort ein, wenn man ein Foto des Geräts sieht. Tatsächlich war das Radio in der Gestaltung einem Beichtstuhl nachempfunden – inklusive Vorhang und vergitterter Öffnung. Bei manch anderen Geräten waren die optischen Ähnlichkeiten von Seiten der Hersteller wohl weniger beabsichtigt. So ist der Telefunken 341 auch als „Katzenkopf“ bekannt und erinnert bei genauerem Hinsehen durch die Platzierung der Skala tatsächlich an den Kopf einer Katze. Die besondere Optik der Serie, die zu Beginn der 30er-Jahre produziert wurde, machen die Geräte heute zu gefragten Sammelobjekten. Einen unvorteilhafteren Spitznamen bekamen die Philips-Radios der Reihe 930A, die zur selben Zeit produziert und im französischen Sprachraum als „boîte à jambon“ bezeichnet wurden. Übersetzen lässt sich der Name mit „Schinkendose“, was wohl auf die spitz zulaufende Form der Geräte zurückzuführen ist. Das deutsche Gegenstück wären hierbei wohl die sogenannten „Brotkästen“ der Firma Telefunken, die für ihre Robustheit bekannt waren und mitunter über 40 Kilo wogen.

Ein sehr bekanntes Gerät mit kuriosem Spitznamen ist der sogenannte „Schneewittchensarg“ der Firma Braun, welcher ursprünglich unter dem Namen „SK 4“ vertrieben wurde. Das Radio stammt aus den 50er-Jahren und zeichnet sich durch eine Plexiglasabdeckung aus, die in Kombination mit der länglichen Form und hellen Farbgebung des Geräts an einen Sarg erinnert. Obwohl der Spitzname anfangs wohl eher abwertend gemeint war, prägte das innovative Design des SK 4 noch mehrere Generationen an Radiogeräten, weshalb ein Modell aus dem Jahr 1957 heute im Museum of Modern Art in New York ausgestellt wird. Entworfen wurde das legendäre Gerät von Hans Gugelot und Dieter Rams. Letzterer gilt als einer der prägendsten Industriedesigner der deutschen Nachkriegszeit, dessen Sinn für klare Linien und intuitve Bedienbarkeit stark an die Bauhaus-Grundsätze erinnern. Rams gestaltete dabei nicht nur Geräte für die Unterhaltungselektronik, sondern auch Küchenwerkzeuge, Regale und Sitzmöbel.

Auch die Hersteller selbst sorgten mit ungewöhnlichen Benennungen ihrer Geräte für einige Kuriositäten. So brachte beispielsweise die Firma Wobbe verschiedene Geräte auf den Markt, die nach prestigeträchtigen Positionen wie „Notar“, „Senator“ oder „Präsident“ benannt waren. Ein weiteres Beispiel wäre eine Serie an Autoradios von Autovox, die Mitte der 60er Jahre als „Bikini“ vertrieben wurden. Grund für den ungewöhnlichen Namen war der zweiteilige Aufbau der Geräte: Senderwahlknopf und der Lautstärkeregler wurden jeweils in einem separaten Gehäuse verbaut und nur durch ein dünnes Kabel miteinander verbunden. So sollte der Einbau in Automodelle ermöglicht werden, in denen ein reguläres Autoradio keinen Platz finden würde. Schließlich wäre noch die Firma Nordmende zu nennen, denen der Durchbruch mit einer Reihe tragbarer Radiogeräte unter dem Namen „Mambo“ gelang. Der digitale Nachfolger des „Mambo“ ist noch immer an das ursprüngliche Design aus den 50er-Jahren angelehnt und empfängt trotz Vintage-Look Radio über DAB+.

Die Gestaltungsmöglichkeiten von Radiogeräten sind allerdings noch lange nicht an ihre Grenzen gestoßen: Nach wie vor erweitern die Hersteller die Formvielfalt ihrer Geräte und holen das Radio auch optisch ins 21. Jahrhundert. Als Beispiel wäre hier der „Pure Sensia“ zu nennen, dessen großer Touchscreen sofort ins Auge fällt und dem Gerät ein modernes Aussehen verleiht. Der breite Bildschirm erleichtert darüber hinaus das Ablesen von Programmübersichten, Wetterkarten und Musiktiteln, die über DAB+ parallel zum Programm zur Verfügung gestellt werden.